Der immerwährende Adventskalender

Ab dem 1. Dezember richte ich hier 24 Tage lang Vierzeiler für den Adventskalender in Reimkultur an. Auf meiner Facebook Seite und hier im Blog.  Ich schaue mal, ob die Kommentarfunktion eine gute Idee ist – dann gäbe es hier also ab morgen täglich einen neuen mehr oder weniger besinnlichen Kommentar. Oder ob ich das innerhalb dieses Artikels mache. Bin noch unschlüssig und weiß auch nicht, ob mich so mitten im Advent die Muse immer pünktlich küsst. Ich gebe mir Mühe, versprochen. Und wenn ich mich mit Punsch in Reimstimmung bringen muss, egal. Advent ist Advent, aus der Nummer kommen wir eh nicht mehr raus. Ich schunkele mich also schon mal in eine kontemplative Gefühlslage und öffne morgen das erste Türchen. Was insofern ein wenig stressig zu werden droht, als morgen – 1. Adventswochenende hin oder her – die Arbeit ruft. Vielleicht stellt sich in der Buchhandlung inmitten tütenbepackter Kunden in Kauflaune dann auch die gebührende vorweihnachtliche Stimmung ein, auf die ich trotz Aufgebot mehrer Leuchtsterne inklusive deren Spiegelungen und gleich zweier Adventskranzgebinde bislang vergeblich warte.

23.Türchen
Ab morgen nimmt Frau Reimerlei
gedichtemäßig weihnachtsfrei.
Heiligabend naht, der alles verändert
denn da hat es sich ausadventskalendert!

22.Türchen
Ganz bestimmt kein Zeitverschwender
der schöne Galgenkind-Kalender
von Ariane. Und ich hoffe sehr,
für 2014 gibt es davon noch mehr!

Galgenkinder_2013

21.Türchen
Mit drei Knaben von sechs Jahren
auf der Rückbank Auto gefahren.
Vom Weltuntergang nichts mitbekommen,
nur das Gehör hat Schaden genommen.

20.Türchen
Auch die Ruhe derer, die stets besonnen
und in sich ruhend Lektüre kaufen,
schien mir heute ansatzweise zerronnen,
da untermalt durch hektisches Schnaufen.

19.Türchen
Hübsch anzusehen, doch instabil
schon der Transport gab ihr* den Rest
so wird aus einem Geschenkutensil
der erste Umtausch noch vor dem Fest.

Weinbox
*Naturholz Geschenkverpackung mit Tragekordel, Metallscharnieren und -verschluss. Damit ist Ihr Geschenk sicher verpackt. (Stimmt, die Flasche blieb ganz!)

18. Türchen
Endspurt, dann ist’s überstanden,
das Zeitgefühl kam mir abhanden.
Wie oft werden wir noch wach???
Bald ist endlich Feiertach!

17. Türchen
Mit Sternenglanz in Violett
kam heute Post von ambranet.
Die Überraschung ist geglückt
ganz lieben Dank, ich bin entzückt!

16.Türchen                                               
Adventlich lockt so mancher Schwof,
sag’s mit dem Deppenapostroph!         

Advents-Blasen

Dem ist nichts mehr hinzuzufügen,
ich wünsch euch hiermit viel Vergnügen.

15.Türchen
Verbringe meinen freien Samstag in der Weihnachtszone,
mir ist speiübel zwischen Pommes, Glühwein und Marone.
Von Menschenmassen unsanft hin und her geschoben
werd‘ ich den Tag mit Sicherheit auch nicht am Abend loben.

14. Türchen
Damit bin ich für heut fein raus
just gingen mir die Reime aus!
Es diene darum als Ersatz
die Rezension des Musenblatts.

13. Türchen
Bis gestern hatte ich noch keins,
doch endlich, endlich hab ich eins.
Ich hab mich redlich angestrengt:
Mindestens einer wird beschenkt!

12. Türchen
Den Weihnachtsbaum gar reich geschmückt,
saß ich allein am Heiligabend,
bereits den Punsch genossen habend,
in mich gekehrt und tief beglückt.(weiter)

11.Türchen
Länger lässt sich’s nicht verschieben,
gleich wird Weihnachtspost geschrieben,
so richtig klassisch, mit güldenem Stift,
in hoffentlich lesbarer Schönschreibschrift.

10.Türchen
Nun ist es also schließlich passiert,
hab den Adventskalender vergessen.
Ich hoffe, ihr seid nicht arg deprimiert
und morgen dichte ich angemessen!

9.Türchen
Die zweite Kerze, das gibt’s doch nicht!
Ich halte kaum Schritt mit diesem Advent,
und erträume dennoch voll Zuversicht
den völlig tiefenentspannten Moment.

8.Türchen
YES, heute wird sich fein gemacht
für die Buchpremiere zur Mittagszeit.
Bin etwas aufgeregt aufgewacht,
Tuffi goes International, all right!

7.Türchen
Gott sei Dank, bald Wochenende,
aber leider Gottes nicht für mich.
wie ich es auch dreh und wende,
noch bis Samstag! Einschließlich! 

6.Türchen
Heute haue ich ein Klage-Verslein raus
und beschwere mich beim guten Nikolaus
fühl mich nämlich wie der letzte Depp,
weil ich alles selbst nach Hause schlepp!

5.Türchen
Im Regen-, Schnee- und Graupelschauer
erscheint die Welt mir trist und trüb,
wünsch es mir warm, den Himmel blauer.
Eins steht fest: Ich bin kein Wintertyp.

4.Türchen
Wie gerne bliebe ich faul & bequem
jetzt einfach liegen zu früher Stunde.
Doch ruft man mich ins Café Creme.
Auf zum Frühstück in fröhlicher Runde!

3.Türchen
Die erste Kerze unwesentlich kleiner,
der Kranz schon jetzt arg ramponiert.
Offen gesagt, als Adventskranz-Designer,
bin ich kaum bis absolut nicht talentiert.

2.Türchen
Macht hoch die Tür, die Tore macht weit
es ist zwar Sonntag, doch wat soll et.
Die Händler stehen im Tale bereit,
hoffnungsfroh betend Ihr Rubelein rollet!

1.Türchen
Samstagmorgen ist’s und Monatsbeginn,
Advent und Dezember noch obendrein.
Wir streben wohl gen Weihnachten hin:
Drauf heute Abend nen glühenden Wein! 

Blüten mit Stiel aus Textanien

Quelle: Wikimedia

Dass alles ganz harmlos begann, schicke ich vorweg, auch wenn es ja immer so anfängt. Ein Vormittag, an dem ich am Schreibtisch arbeitete, am Schreibtisch auch Kaffeepause machte und bei dieser Gelegenheit schauen wollte, ob irgendwo da draußen wohl jemand dringend Hilfe bei seinen Textaufgaben benötigte. Ich hatte zwar eigentlich keine Zeit (weder zum Kaffeetrinken noch zum sonstwie Rumtrödeln), aber ein bisschen Kundenakquise muss ja auch mal sein. Ich klickte auf zwei, drei Seiten und dann landete ich auch schon auf … nein, ich verrate den Namen jetzt nicht, hinterher werde ich noch verklagt. Ich nenne die Seite einfach Textanien. Ich landete in Textanien, wo Textgewächse blühen wie andernorts Tulpen oder Vergissmeinnicht, und wo begnadete Texterinnen und deren männliche Pendants Jobs suchen.

So fing das also an. Ich gebe zu, von da an zog es mich immer wieder nach Textanien, auch wenn jeder der kurzen Aufenthalte dort mit einer panischen Flucht endete – und guten Vorsätzen, es nie wieder zu tun, nie wieder dorthin zu reisen. Denn die Angst war mein ständiger Begleiter, vielleicht machte das gar insgeheim den Reiz dieses virtuellen Ortes aus. So ein unterschwelliger Nervenkitzel: die Suche nach dem Textgewächs des Tages.

Interessant, wie viele Texter dort unterwegs waren (und sind). Noch interessanter aber war (und ist) ihre Wortgewandtheit. Man nehme mal an, man wolle einen Auftrag vergeben, einen Textauftrag. Man fände besagtes Textanien, da es auf der Internet-Weltkarte sehr gut ausgeschildert ist und unglaublich viele Wege dorthin führen. Man denkt, oh, schön, hier wird mir geholfen werden. Und dann beginnt man mal damit, sich eine Texterin oder einen Texter auszusuchen.

Da gibt es welche, deren Blütenstiele bereits in der Überschrift punkten:

„Erfahrenen und zuverlässige Texter haben freie Kapazitäten
„Halloween Endspurt! Technik-Freak der gut scheiben kann!
„Textschreiben zu Themen , wo ich auch was zu „sagen“ kann…“

Manche brauchen ein wenig Anlauf, damit die Blütenpracht erkennbar wird. Und so begann ich sie auf meiner Facebook-Seite zu sammeln, diese erstaunlichen Auswüchse. Aber Facebook ist so schnelllebig, dort versinken sie jetzt schon in den Tiefen der Chronik. Darum richte ich den wahren Perlen nun bei den Ungereimtheiten einen dauerhaften Ehrenplatz ein, wo sie besichtigt werden können.

Die 12 Meilensteine der Wortgewandtheit oder Texter sucht Job

Vol. I: „Ich bin in der Lage, Ihnen eine gute Grammatik und Rechtschreibung zu bieten. Meine Texte sind alle selbst geschrieben und Unique Content. Wenn Sie also eine gute und erfahrene Texterin suchen bin ich genau die Richtige. Das Einhalten abgesprochen Deadlines versteht sich von selbst.“

Vol. II:“ … aufgrund dessen, dass …“

Vol. III: „… ich arbeitet bereits seit einiger Zeit als freiberufliche Texterin und Lektorin …“

Vol IV: „… Von mir dürfen Sie eine einwandfreie, qualitativ hochwertige Ausarbeitung in Hinblick auf Grammartik und Rechtschreibung …Sehr gerne würde ich ach für Sie tätig und aktiv werden …“

Vol. V: „Ich biete hier für Ihren Blog oder Ihr Forum Neues Content- Texten an. Ich schreibe dabei schnell und zuverlässig nis zu 2000 Wörtet je Text.“

Vol. VI: „Bin eine Flexible, kreative und auch charmante Texterin.Schon neugierig?Melden sie sich, wenn sie es sich selbst zutrauen.“

Vol. VII: „Das Verfassen von Artikeln ist für uns nicht nur ein Job, sondern eine Leidenschaft die, sich auch in unseren Texten wiederspiegelt.“

Vol. VIII: „Auf perfekte Rechtschreibung und saubere Übersetztung lege viel wert.“

Vol.IX: „Ich bin als Texterin beständig auf der Suche nach Kunden, wert auf Zuverlässigkeit, guter Textqualität und Erreichbarkeit legen.“

Vol. X: „Sie erhalten bei uns unique Content, individuelle Inhalte, sowie anspruchsvolles Textdesign, das frei von Plagiaten ist, betrachten wir als selbstverständlich.“

Vol. XI: „Meine Rechtschreibung sowie Grammatik sind gut und wird sie überzeugen. Erfahrungen habe ich schon gemacht, in dem ich viele Berichte über Hotels, Reiseziele und Produkten geschrieben habe.“

Vol. XII: „Da ich nicht nur allein, wegen des Verdienstes in die Tasten haue, sondern auch aus Spaß am Schreiben, bin ich mir nicht zu schade Deadlines einzuhalten.“

Eigentlich ist damit in Sachen Eigenwerbung doch alles gesagt, oder? Ich verspreche, mehr zu kosten und dafür weniger dadaistisch mit der deutschen Sprache und Deadlines umzugehen. Für alles andere: Viel Spaß in Textanien!

Schicke Wörter

Manche Wörter sind zur Zeit richtig angesagt. Ich höre und lese sie bis zum Überdruss. Anfangs fand ich sie großartig, jetzt bin ich sie leid. Großartig liegt momentan extrem im Trend. Irgendwann fing wieder jemand an, dieses schöne Wort zu verwenden, das er aus einer angestaubten Wortresteecke aufgesammelt hatte. War das Patrick Salmen? Wie auch immer, ich fand es fein, lange nicht mehr benutzt, eine großartige Idee, es wieder aufleben zu lassen. Anderen scheint es ähnlich zu ergehen, und schon ist sie da, die Inflation.

Noch schlimmer ist es mit absolut, das als Füllsel für jedwede Sprachlosigkeit herhalten muss. Absolut wird gern in Interwiews gebrabbelt und soll als Antwort auf geschlossene Fragen das Ja ersetzen. Ob Sportler, Moderator, Promi oder Politiker:Es lebe der neue Absolutismus.

Voll ist schon seit Längerem das moderne Total. Früher war alles total ätzend, heute ist alles voll fett oder geil. Ätzend sagt heute niemand mehr, cool ist ebenfalls uncool, wird aber  trotzdem nicht ins Lexikon der bedrohten Wörter aufgenommen. Denn dort geht es um bedrohte schöne deutsche Wörter. Auf cool trifft da ja nun mal nichts von allem zu. Und großartig ist nicht (mehr) bedroht.

Was sage und schreibe ich denn mal demnächst, wenn ich großartig meine, es aber anders formulieren möchte? Früher hätte ich mich einfach mit klasse oder toll beschieden, damals in den 80ern, oder wann kam toll wieder in Mode? Ursprünglich meinte es im Alt- und Mittelhochdeutschen ja etwas ganz anderes und wurde auch anders geschrieben, nämlich tol = töricht.

Eminent? Gewöhnungsbedürftig und irgendwie wichtigtuerisch. Tadellos, ja das finde ich gut. Das werde ich mal aus der Mottenkiste befreien. Ich weiß aber nicht, ob es das Zeug hat zum schicken Wort.

Vom Schreiben zum Lesen mit TINTO

Mein jüngster Sohn ist mit seinen gerade mal sechs Jahren schon ein kleiner Texter. Überhaupt sind viele Erstklässler heute von Anfang an Schriftsteller, denn auch seine Klassenkamerad/inn/en schreiben nach wenigen Wochen Unterricht schon völlig selbstständig erste Texte, lange bevor sie flüssig lesen können. Das Prinzip heißt „Lesen durch Schreiben“ und hat  in vielen Grundschulen das altbekannte umgekehrte Prinzip abgelöst. Während früher zunächst gelesen und dann erst geschrieben wurde, dürfen Kinder heute sofort loslegen mit dem Schreiben. Das funktioniert mit Anlauttabellen, die das Auffinden der einzelnen Laute ermöglichen. A wie Affe, E wie Elefant und so weiter. Die Anlauttabelle wird spielerisch eingeübt, die Kinder singen und „rappen“, klatschen Silben, tanzen, bewegen sich – es ist unglaublich, wie schnell sie das Ganze so lernen und verinnerlichen. Statt der langweiligen Fibel nutzt mein i-Dötzchen das Tinto-Buchstabenhaus als Anlauttabelle. Und so kommt es, dass er und seine Mitschüler/innen frei von der Leber weg schreiben, mit ganz vielen Fehlern, die verdeutlichen, was für ein komplexer Prozess der Schrifterwerb ist. Hören, sprechen, schreiben, lesen – eins führt zum anderen. Für alle Eltern, die sich näher mit diesem Konzept befassen möchten, bietet der Cornelsen Verlag eine Informationsseite an: Schreiben und Lesen mit TINTO.

So erklärt sich auch „LIBMAMAONTPAPABTMÜSLI“. Alles zusammen, ohne Abstände, denn Wortanfang und Wortende erkennen die Kinder oft noch nicht eindeutig. Das e bei liebe ist ein stummes e, es wird oft so „verschluckt“, dass es kaum zu hören ist. Das lange i, also ie, ist nach drei Schulwochen ebenfalls noch unbekannt. Mama, Papa sind vertraute Wörter, viele Kinder könnnen sie schon vor Schulbeginn schreiben. Zudem werden sie genau so geschrieben, wie sie gesprochen werden. Zum ONT führt ein falsch interpretiertes U. Bei BT hat der Jüngste die Vokale einfach vergessen.  MÜSLI hat er zum ersten Mal und gleich richtig geschrieben, ist ja auch ein starkes Wort, bei dem jeder Buchstabe betont wird. Das alles hat er ganz allein und aus eigener Motivation geschafft, nach so kurzer Zeit!

Geschrieben wird zunächst in Druckbuchstaben, der „Leseschrift“. Auf der Anlauttabelle sind schon kleine und große Buchstaben aufgeführt, auch wenn viele Kinder bislang nur Großbuchstaben kennen und so beispielsweise schon vor der Schule ihren Namen und andere erste Wörter schreiben können. Die Schreibschrift kommt erst später hinzu.

Diesen Lernprozess und die schnellen Fortschritte finde ich wahnsinnig spannend und für die Kinder enorm motivierend. Ich bin schon gespannt auf den nächsten Text des Jüngsten im Hause Reimerlei.

Nachtrag 28.09.2012: Eben habe ich zufällig die in diesem Zusammenhang interessante Seite einer Autorin mit dem Beitrag „Die Probleme beim Erlernen der deutschen Schriftsprache“ entdeckt.

Nachtrag 09.10.2013: Das Thema scheint zu polarisieren, besonders nach dem sehr unzureichend recherchierten, reißerischen Titelthema des Spiegels  „Die neue Schlechtschreibung“. Zitiert wird unter anderem auch der Germanist und Sprachforscher Wolfgang Steinig. Dessen Äußerungen lesen sich im Spiegel-Artikel jedoch ganz anders als seine differenziertere Kritik auf Grundlage der aktuellen Studie (die den Spiegel im Juni bewog, genüsslich die Rechtschreibkatastrophe auszurufen) in der Thüringer Allgemeinen Zeitung „Die Schule muss Kindern mehr zutrauen“.

Allerdings finde ich auch in diesem Text einige Aussagen, die ich nicht bestätigen kann. So gibt es Fehlerkontrollen und Rotstift ab der 2. Klasse, die Kinder prägen sich die falschen Schreibweisen und Endungen nicht jahrelang ein. Im Interview entsteht der Eindruck, die Motivation ließe schlagartig ab der 3. Klasse nach, weil sich bis dahin niemand um die Rechtschreibregeln kümmert, die Einhaltung dann aber gefordert wird. Das ist so nicht richtig. Die Rechtschreibregeln werden ab dem 2. Halbjahr der 1. Klasse geübt, sind im ganzen 2. Schuljahr ein Schwerpunktthema des Deutschunterrichts und werden im 3. und 4. Schuljahr vertieft.

Interessant, dass der Spiegel den Unterricht an einer Wuppertaler Grundschule als Ausnahme von der Regel darstellt:

Dass ein solcher Unterricht sogar mit „Tinto“ möglich ist, zeigt das Beispiel von Ann-Cathrin Michel. Zwar unterrichtet sie ihre erste Klasse in der Grundschule Echoer Straße in Wuppertal-Ronsdorf nach dem Lehrwerk, das auf der Reichen-Methode basiert – dies ist an ihrer Schule so üblich. Doch dabei achtet sie schon früh intensiv auf richtiges Schreiben. (Der Spiegel, 25/2013, Die neue Schlechtschreibung)

Wir wohnen in Wuppertal-Vohwinkel und  in der Klasse meines Grundschulkindes und in allen mir bekannten nordrhein-westfälischen Grundschulen, die mit TINTO arbeiten, wird es ebenfalls so gehandhabt. Eine Ausnahme also – oder doch die Regel?

Und wie wird eigentlich der pädagogische Nachwuchs ausgebildet, was ist der aktuelle Stand?

Angehende Grundschullehrer/innen hier an der Bergischen Universität Wuppertal werden nicht darauf gedrillt, im Unterricht die Rechtschreibregeln außer Kraft zu setzen. Meine Tochter studiert dort (Grundschullehramt); die Nachteile der Methode „Lesen durch Schreiben“ werden im Fach Rechtschreibdidaktik angesprochen und kontrovers diskutiert.

Wie es weiterging: Nachtrag 28.08.2014

Aufsatz 2. Klasse

Aufsatz 2. Klasse

Zwei Jahre sind seit der Einschulung meines jüngsten Sohnes nun vergangen, seit August ist er Drittklässler. Der SPIEGEL-Schlechtschreibungs-Artikel ist Schnee des letzten Sommers, aber wie mir die Klickraten dieses Artikels immer wieder um den Schuljahresbeginn herum zeigen, ist das Interesse nach wie vor groß. Was kann ein „TINTO-Kind“ nach zwei Schuljahren? Wie liest es, wie schreibt es? Für den direkten Vergleich mit dem Bild oben nun ein kleiner Aufsatz über ein gelesenes Buch, in den Sommerferien für die Sandstreusel verfasst. Vom Kind selbst formuliert und geschrieben. Die offensichtlichsten Fehler im ersten Entwurf sind wir später zusammen durchgegangen. Das gemeinsame Verbessern ist bei der TINTO-Methode ab einem bestimmten Schreibwortschatz wichtig. Häufig sind es Flüchtigkeitsfehler, die selbst erkannt werden. Einige Fehler wie z. B. die falsche Großschreibung bei Anderen habe ich bewusst nicht verbessert, denn sehr spezielle Regeln muss ein Kind Ende der 2. Klasse nicht kennen. Das doppelte n bei spannend oder das ie bei Schildkröte und einige weitere Fehler haben wir aber besprochen und später korrigiert. Dieser kleine Text bringt den Stand der Fortschritte nach zwei Jahren mit TINTO sehr gut auf den Punkt. Die Schreibschrift wurde auch bereits eingeführt, es ist hier die weniger geschwungene „Vereinfachte Ausgangsschrift“. Viel hat sich getan seit LIBMAMAONTPAPABTMÜSLI – nun wird sich in der 3. Klasse zeigen, wie sich das Erlernte in Schulnoten darstellt. Ich werde auch über die Erfahrungen mit der Rechtschreibwerkstatt und den Abschreibtexten von Sommer-Stumpenhorst berichten, die nun in der 3. Klasse in leicht abgewandelter Form zum Einsatz kommen.

Update 20.08.2015

Wieder ein Jahr weiter. Der Drittklässler hat kurz vor dem Übergang in die 4. Jahrgangstufe umzugsbedingt die Grundschule gewechselt. Nun wird es erst richtig spannend, denn die neue Schule arbeitet nicht mit TINTO. Das Zeugnis der Klasse 3  (2. Halbjahr) wurde noch von der bisherigen Klassenlehrerin  für die neue Schule ausgestellt. Rechtschreibung ist mit einem „befriedigend“ insgesamt das schwächste Fach. Im Bereich Deutsch setzt sich die Gesamtnote (gut) zusammen aus Sprachgebrauch (gut), Lesen (sehr gut) und der mit befriedigend bewerteten Rechtschreibung. Im Zeugnis heißt es dazu ausführlich:

„…kennt grundlegende Regeln der Rechtschreibung und nutzt diese bei entsprechender Konzentration. Das Ableiten von Wörtern aus der Grundform oder aus verwandten Formen gelingt in isolierten Übungen. Satzzeichen wie Punkt, Fragezeichen oder Ausrufezeichen setzt er passend. In freien Texten entstehen Fehler durch mangelnde Aufmerksamkeit und Kontrolle.“

Nicht also an Kenntnissen mangelt es, sondern an Aufmerksamkeit, Konzentration und Kontrolle. Zu Beginn des 4. Schuljahres werden nun Kommaregeln geübt. Ich berichte weiter, ob und in welchen Bereichen der Rechtschreibung im 4. Schuljahr Leistungsunterschiede erkennbar werden – verglichen mit Kindern, die nach einem anderen System gelernt haben.

Update 29.08.2016

Es ist wieder Schulstart, viele gelangen auf der Suche nach TINTO hierher. Mein Jüngster ist mit Ferienende 2016 zum Gymnasium gewechselt. Wie erwartet, hatte er hinsichtlich der Rechtschreibung  an der anderen Grundschule in der 4. Klasse zunächst etwas Rückstand, konnte diesen aber dank einer engagierten Lehrerin rasch aufholen. Seine Fortschritte in der Rechtschreibung verdankt er aber auch dem Glücksfall, dass er sehr gerne, ausdauernd und viel liest. Er erhielt mit einem Notenschnitt von 1,9 eine klare Empfehlung fürs Gymnasium. Schwächstes Fach im großen Bereich Deutsch (Gesamtnote 2,0) war mit 3,0 weiterhin die Rechtschreibung, Ich denke, alle weiteren schulischen Entwicklungen sind nun idividuell und nicht mehr auf TINTO & Co zurückzuführen. Ich beschließe diese kleine persönliche Langzeitstudie also mit dem guten Rat, locker zu bleiben und sich nicht verunsichern zu lassen.Ob TINTO oder nicht TINTO, das entscheidet wirklich nicht über Schreibkompetenz und schulische Zukunft von Schülerinnen und Schülern.

90 Stunden keine Zeit …

Das nenne ich mal schlechtes Timing: Nun sind Website und Blog traulich vereint, frisch gewaschen & gebügelt und ich habe keine Zeit für neue Ein- geschweige denn Aufträge. Jedenfalls demnächst nicht, denn die kommende Woche steht ganz im Zeichen von 90 Stunden Nonstop.

Bücher Köndgen feiert – und das nicht zu knapp. Montag mache ich Büchertische für die Jubiläumsangebote fein. Was ich Dienstag mache, weiß ich noch nicht so genau, da habe ich mit etwas Glück sogar noch ein schmales Zeitfenster für extrem eilige Textaufträge.

Mittwoch bin ich morgens im Laden und abends kocht Udo Einenkel verführerisch vegetarisch – das darf ich mir nicht entgehen lassen. Gleich danach fällt der Rowling’sche Todesfall aus und Martin Hagemeyer liest um Mitternacht trotzdem, dann halt alles außer Rowling, es gibt also so eine Art Lese-Wunschkonzert, das darf ich mir dann ja auch nicht entgehen lassen.

Donnerstag bin ich morgens im Laden, nachts ist Wortwache mit lecker Bier – darf ich mir natürlich ebenfalls nicht entgehen lassen. Freitag habe ich morgens frei und nachts ist die Nacht der schönsten Bücher, also der nachweislich und hochoffiziell allerschönsten, die kann ich mir aber mal auf gar keinen Fall entgehen lassen. Samstag arbeite ich ab mittags, außerdem ist magische Kinderlesung mit dem Baumhaus, darf mein Jüngster sich keinesfalls entgehen lassen.

Und dann nähert sich das Ende der 90 Stunden mit der letzten Lesung, die ist von Annette Langen für junge Hasen Mädchen gedacht und darum bin ich nicht die Zielgruppe und könnte sie mir sogar ausnahmsweise entgehen lassen, aber da habe ich dann offiziell Dienst und feiere den Ausklang unserer Jubiläumswoche im Laden. Ach ja, und beinahe vergessen, es gibt ja dann auch immer noch den Lesegenuss nach Ladenschluss und Ladenöffnungszeiten von 6 bis 22 Uhr, also so rein texterisch betrachtet wird da wohl Heulen und Zähneknirschen sein. Aber sonst wird das lustig! 🙂

Einigen meiner regelmäßigen Textbesteller habe ich schon Bescheid gesagt, alle anderen bitte aufgepasst: Nächste Woche ist Ausnahmezustand und normal läuft es hier erst wieder ab dem 1. Oktober. Dann aber mit Vollgas, wie immer!