Quelle: Wikimedia
Dass alles ganz harmlos begann, schicke ich vorweg, auch wenn es ja immer so anfängt. Ein Vormittag, an dem ich am Schreibtisch arbeitete, am Schreibtisch auch Kaffeepause machte und bei dieser Gelegenheit schauen wollte, ob irgendwo da draußen wohl jemand dringend Hilfe bei seinen Textaufgaben benötigte. Ich hatte zwar eigentlich keine Zeit (weder zum Kaffeetrinken noch zum sonstwie Rumtrödeln), aber ein bisschen Kundenakquise muss ja auch mal sein. Ich klickte auf zwei, drei Seiten und dann landete ich auch schon auf … nein, ich verrate den Namen jetzt nicht, hinterher werde ich noch verklagt. Ich nenne die Seite einfach Textanien. Ich landete in Textanien, wo Textgewächse blühen wie andernorts Tulpen oder Vergissmeinnicht, und wo begnadete Texterinnen und deren männliche Pendants Jobs suchen.
So fing das also an. Ich gebe zu, von da an zog es mich immer wieder nach Textanien, auch wenn jeder der kurzen Aufenthalte dort mit einer panischen Flucht endete – und guten Vorsätzen, es nie wieder zu tun, nie wieder dorthin zu reisen. Denn die Angst war mein ständiger Begleiter, vielleicht machte das gar insgeheim den Reiz dieses virtuellen Ortes aus. So ein unterschwelliger Nervenkitzel: die Suche nach dem Textgewächs des Tages.
Interessant, wie viele Texter dort unterwegs waren (und sind). Noch interessanter aber war (und ist) ihre Wortgewandtheit. Man nehme mal an, man wolle einen Auftrag vergeben, einen Textauftrag. Man fände besagtes Textanien, da es auf der Internet-Weltkarte sehr gut ausgeschildert ist und unglaublich viele Wege dorthin führen. Man denkt, oh, schön, hier wird mir geholfen werden. Und dann beginnt man mal damit, sich eine Texterin oder einen Texter auszusuchen.
Da gibt es welche, deren Blütenstiele bereits in der Überschrift punkten:
„Erfahrenen und zuverlässige Texter haben freie Kapazitäten„
„Halloween Endspurt! Technik-Freak der gut scheiben kann!„
„Textschreiben zu Themen , wo ich auch was zu „sagen“ kann…“
Manche brauchen ein wenig Anlauf, damit die Blütenpracht erkennbar wird. Und so begann ich sie auf meiner Facebook-Seite zu sammeln, diese erstaunlichen Auswüchse. Aber Facebook ist so schnelllebig, dort versinken sie jetzt schon in den Tiefen der Chronik. Darum richte ich den wahren Perlen nun bei den Ungereimtheiten einen dauerhaften Ehrenplatz ein, wo sie besichtigt werden können.
Die 12 Meilensteine der Wortgewandtheit oder Texter sucht Job
Vol. I: „Ich bin in der Lage, Ihnen eine gute Grammatik und Rechtschreibung zu bieten. Meine Texte sind alle selbst geschrieben und Unique Content. Wenn Sie also eine gute und erfahrene Texterin suchen bin ich genau die Richtige. Das Einhalten abgesprochen Deadlines versteht sich von selbst.“
Vol. II:“ … aufgrund dessen, dass …“
Vol. III: „… ich arbeitet bereits seit einiger Zeit als freiberufliche Texterin und Lektorin …“
Vol IV: „… Von mir dürfen Sie eine einwandfreie, qualitativ hochwertige Ausarbeitung in Hinblick auf Grammartik und Rechtschreibung …Sehr gerne würde ich ach für Sie tätig und aktiv werden …“
Vol. V: „Ich biete hier für Ihren Blog oder Ihr Forum Neues Content- Texten an. Ich schreibe dabei schnell und zuverlässig nis zu 2000 Wörtet je Text.“
Vol. VI: „Bin eine Flexible, kreative und auch charmante Texterin.Schon neugierig?Melden sie sich, wenn sie es sich selbst zutrauen.“
Vol. VII: „Das Verfassen von Artikeln ist für uns nicht nur ein Job, sondern eine Leidenschaft die, sich auch in unseren Texten wiederspiegelt.“
Vol. VIII: „Auf perfekte Rechtschreibung und saubere Übersetztung lege viel wert.“
Vol.IX: „Ich bin als Texterin beständig auf der Suche nach Kunden, wert auf Zuverlässigkeit, guter Textqualität und Erreichbarkeit legen.“
Vol. X: „Sie erhalten bei uns unique Content, individuelle Inhalte, sowie anspruchsvolles Textdesign, das frei von Plagiaten ist, betrachten wir als selbstverständlich.“
Vol. XI: „Meine Rechtschreibung sowie Grammatik sind gut und wird sie überzeugen. Erfahrungen habe ich schon gemacht, in dem ich viele Berichte über Hotels, Reiseziele und Produkten geschrieben habe.“
Vol. XII: „Da ich nicht nur allein, wegen des Verdienstes in die Tasten haue, sondern auch aus Spaß am Schreiben, bin ich mir nicht zu schade Deadlines einzuhalten.“
Eigentlich ist damit in Sachen Eigenwerbung doch alles gesagt, oder? Ich verspreche, mehr zu kosten und dafür weniger dadaistisch mit der deutschen Sprache und Deadlines umzugehen. Für alles andere: Viel Spaß in Textanien!