Als James Cook seine letzte Reise tat

Enqist_Reise_Es ist schon lange her, dass ich einen historischen Roman gelesen habe. Zu Jugendzeiten konnte mir kein Historienschmöker dick genug sein, von “Sinuhe, der Ägypter” über “Shogun” las ich mich quer durch verschiedene Kulturen und Epochen. Gerne durften es auch ganz triviale Südstaatensagas wie “Kalifornische Sinfonie” sein. Aber irgendwann verlor ich das Interesse und beschäftigte mich mehr mit dem Horror-Genre. Stephen King kam damals ganz groß raus, im Schlepptau Autoren wie Koontz, Strieber und Konsorten. Auch das ist längst vorbei und die Horror-Sammlung anlässlich des Umzugs versteigert – die Bücher aus späteren Phasen durften aber allesamt mit in die neue Wohnung, denn das waren dann schon Autoren und Themen, die mich immer noch begeistern: Stefan Zweig, Klaus Mann (und natürlich die anderen aus dem Mann-Clan, aber mit Klaus’ Leben und Sterben habe ich mich besonders intensiv beschäftigt), Patricia Highsmith, Ray Bradbury und ganz viel Lyrik.

Auf der Suche nach einem neuen Leseexemplar wanderte die “Letzte Reise” eher zufällig in meine Tasche, es lag da, ich war in Eile und es passte vom Format so gerade noch mit rein. Naja, mal ein wenig querlesen, so dachte ich…

Mehrere Abende habe ich nun mit Frau Cook verbracht, habe Anna Enquists klare Sprache genossen und musste manchmal mit Gewalt die melancholische Stimmung beim Zuklappen des Buches abschütteln. Ich versank in Elizabeths Welt, denn von ihr und ihrem Kosmos, der so viel kleiner ist als der ihres berühmten Ehemannes James, handelt die Geschichte.

Diese Frau ist mit über 90 Lebensjahren verstorben, alle, alle hat sie überlebt – ihre Kinder, ihren Mann, die Menschen, die ihr nahestanden.  Manchmal habe ich vergessen, dass ich nur einen Roman lese, so dicht am Geschehen, in der Gedankenwelt fühlte ich mich.

Dass mich die Geschichte wirklich begeistert und fasziniert hat, zeigte sich daran, dass ich anfing, die Fakten nachzulesen, alles zu “ergoogeln”, was über die Protagonisten (oberflächlich) zu erfahren war, über James Cook, Hugh Palliser und natürlich die Frau in Warteposition: Elizabeth. Ich habe mich zuvor kein Stück für Seefahrt interessiert, kannte natürlich schlagwortartig die Begriffe Cook, Endavour usw. – mehr aber auch gewiss nicht. Das hat sich nun geändert, und ich finde es immer sehr schön, wenn ich mich motiviert fühle, den Horizont ein wenig zu erweitern.