Manch ein Urlauber bemüht sich nach Leibeskräften, den schlechten Ruf deutscher Feriengäste auf gar keinen Fall zu schmälern. Das kann schon mal in Arbeit ausarten, aber man gönnt sich ja sonst nichts im Urlaub, da nimmt man das gern in Kauf. Wer es darauf anlegt, drei Wochen auf einem Fleck zu verharren, nämlich dem immer gleichen Platz am Pool, scheut darum kein noch so schweißtreibendes Ritual – schließlich verschafft der meistens recht böig wehende Wind relativ rasch kühlende Erfrischung. Und so kommen die Hotelgäste jeden Morgen und jeden Abend in den Genuss eines fast schon schmerzhaften Spektakels.
Beginnen wir die Erzählung mit den Abenden, wenn der Hausmeister und Mann fürs Grobe – nennen wir ihn Pedro – seine Runde am Pool beginnt. Konzentriert beseitigt er die Spuren des Tages, stellt Liegen und Sonnenschirme akkurat in die jeweils vorgesehene Position. Ordnung am Pool, das ist seine allabendliche Aufgabe, und die erledigt er gewissenhaft wie Sisyphos. Im Laufe des Urlaubs schließe ich Pedro ins Herz, der klaglos Schirme schleppt, Liegen ausrichtet und dabei immer das ideale Gesamtbild im Auge hat: eine exakt ausgerichtete, nett arrangierte Poollandschaft.
Zugleich wächst in mir die Antipathie gegen – nennen wir ihn Kurt. Kurt, ein beleibter Herr undefinierbaren Alters ist ein Stammgast des Etablissements. Seine Begleiterin könnte Ehegattin oder Mutter sein, wir tippen auf Mutter. Kurt frühstückt, wie es sich gehört, nämlich früh. Er stärkt sich für die anstehende Tagesaufgabe, die darin besteht, zwei der am Abend zuvor unter Mühen sinnvoll angeordneten Poolliegen und zwei der wenigen vorhandenen Sonnenschirme strategisch günstig neu zu positionieren. Das schreibt und liest sich einfacher, als es ist. Kurt räumt und schleppt im Schweiße seines ausladenden Bauchumfangs, bis er zwei Liegen und Schirme genau dort stehen hat, wo er den Rest des Tages – möglicherweise sogar den Rest seiner Tage – verbringen möchte. Da Kurt die Privatsphäre liebt, werden alle andere Liegen großzügig weit weg geschoben, denn er weiß aus Erfahrung: Im Laufe eines Pooltages wird es erforderlich sein, zu jeder vollen Stunde die Liegen in Richtung Sonne zu drehen. Da stören andere Liegestühle im Umkreis von drei Metern natürlich enorm.
Etwa dreißig Minuten später bezieht Kurt sein komfortabel mit Schaumstoffmatratzen, Handtüchern und weiterem Equipment ausgestattetes Domizil, auch Mutter (oder Ehefrau) erscheint nun. Für den Rest des Tages wird Kurt sein Reich nur verlassen, um eine Runde Tischtennis mit dem Animateur zu spielen, die Toilette zu benutzen und Essen zu fassen. Rechtzeitig vorm Abendbrot dann streicht er die Segel und entschwindet in Richtung Apartment. Das ist die Stunde des wackeren Hausmeisters: Pedro darf wieder ran! Ach ja, muss ich erwähnen, dass genau an der Stelle, an der Kurt es sich besonders gern gemütlich macht, ein Schild befestigt ist? Aber unnütz reserviert hat er die Liegen nicht, das muss man dem Kurt ja lassen. Er lag auch immer drauf!