Warum das Vorlesen und Erzählen für Kinder so wichtig ist

David_BuecherregalAlle Kinder lieben Geschichten. Eines der schönsten und wichtigsten Rituale der Kindheit sind die Momente, in denen Eltern (und natürlich auch Großeltern und enge Verwandte) gemeinsam mit ihren Kindern Bilderbücher anschauen, gemütlich kuscheln und vorlesen oder frei erzählen. Ob wenige Minuten oder eine Stunde: Hauptsache, Bücher und Geschichten und die damit verbundene intensive Zuwendung gehören zum Alltag. Und zwar auf gar keinen Fall als Pflichtprogramm! Kinder spüren, wenn die Erwachsenen nicht bei der Sache sind und das Thema Vorlesen schnell abhaken möchten. Für eine Geschichte muss ausreichend Muße vorhanden sein, dann kann Vorlesen die Fantasie beflügeln und ist eine Bereicherung für Vorleser und Zuhörer.

Fürs Vorlesen ist es nie zu früh …

Schon Babys und Kleinkinder „begreifen“ erste Geschichten. Sie sind fasziniert von Fühlbüchern und entdecken sie mit allen Sinnen. Bilderbücher aus stabiler Pappe oder Stoff nehmen sie in die Hand, um sie dann genüsslich mit dem Mund zu erkunden. Aber Babys und Kleinkinder interessieren sich auch für die Bilder und erkennen bestimmte Sprachmelodien und Wiederholungen. Sie schauen sich parallel zur Geschichte gern Bilder an, versuchen darauf Szenen und bekannte Dinge zu entdecken. Und auch, wenn ein Baby bestimmt nicht den genauen Wortlaut einer Geschichte versteht – es lauscht der Stimme, spürt die Zuwendung und verbindet mit dem Ritual des abendlichen Vorlesens etwas eindeutig Schönes.

… und nie zu spät!

Wie oft habe ich als Buchhändlerin Aufklärungsarbeit leisten müssen, dass mit dem Grundschulalter die Zeit des Vorlesens nicht abrupt enden darf! Ja, ein Kind kann und soll natürlich im Laufe der 1. und 2. Klasse schon erste Texte selbst lesen – aber welch mühsamer Prozess ist das, sogar für eifrige und begeisterte Leser. Und wie anders ist es doch, sich zurücklehnen zu dürfen und einer komplexen Geschichte zu lauschen. Denn die Bücher, die den Anforderungen für Erstleser entsprechen, sind sehr einfach strukturiert: große Fibeldruckschrift, kurze Wörter, kurze Sätze, wenig Text. Das muss für Leseanfänger so sein, aber das Auffassungsvermögen, die Konzentration und die Wissbegier von Kindern dieser Altersklasse ist schon viel weiter fortgeschritten. Jetzt ist die Zeit für tolle Vorleseklassiker von Astrid Lindgren, Kirsten Boie, Otfried Preußler, Max Kruse und vielen anderen Autoren. Wenn Eltern gerne und kreativ vorlesen, werden Kinder gerne mit dem Vorleseritual groß. Spätestens mit der Pubertät findet die Zeit des Vorlesens meistens ein Ende – aber bis dahin gibt es unendliche Bücherwelten gemeinsam zu entdecken!

Die Vorlesestudie 2013

Es kann nur besser werden: Das Vorleseverhalten deutscher Eltern ist in einer neuen gemeinsamen Studie der Stiftung Lesen, der Wochenzeitschrift DIE ZEIT und der Deutschen Bahn dokumentiert. Die Ende Oktober 2013 in Berlin vorgestellte Studie kommt zum Ergebnis, dass nur in knapp einem Drittel aller Familien mit Kindern im typischen „Vorlesealter“ (2 – 8 Jahre) regelmäßig täglich vorgelesen wird. Dennoch ist der Trend positiv, denn im Vergleich zur ersten Vorlesestudie aus dem Jahr 2007 hat sich etwas bewegt – aber insgesamt zu wenig. Die meisten Väter halten sich immer noch vornehm zurück: Nur 9 Prozent aller Väter übernehmen regelmäßig den Part des Vorlesers.

In vielen Familien fehlt das Verständnis für die Zusammenhänge zwischen Vorlesen und der späteren Lesekompetenz. Die Studie belegt, dass Vorlesen das Fundament für eine positive Einstellung zum Lesen schafft. Das Lesenlernen fällt den Kindern später leichter, was sich auch im Durchschnitt der Schulnoten im Vergleich zu Gleichaltrigen zeigt, denen nicht vorgelesen wurde.

Der Vorlesetag

Alljährlich im November findet übrigens der bundesweite Vorlesetag statt. Da heißt es, gemeinsam ein Zeichen für das Lesen zu setzen: in Kindergärten, Schulen, Bibliotheken, Buchhandlungen und an ungewöhnlichen Orten. Jeder kann mitmachen!

Jump, Tuffi, jump!

TUFFI INTERNATIONAL:
chinesische und englische Ausgabe ab 8. 12. 2012

Im Sommer 2010 erschien meine Geschichte über die Abenteuer des Elefantenmädchens Tuffi, das auf den Tag genau 60 Jahre zuvor aus der fahrenden Schwebebahn in die Wupper gesprungen war. Ich freue mich sehr, dass bald auch der chinesisch- und englischsprachige Nachwuchs lesen oder sich vorlesen lassen kann, was damals in Wuppertal geschah.

 

 

 

Am Samstag, 8. Dezember 2012 ab 13:00 Uhr
stellt der Verlag in der Wuppertaler Buchhandlung
Köndgen am Werth 79 bei passenden Tee- und Gebäckspezialitäten die zwei druckfrischen internationalen Fassungen des Bilderbuchs vor. Xiongyin Shao und Catherine Lauer-Walker interpretieren die Geschichte völlig eigenständig und auf unterschiedliche Weise. Außerdem enthalten die  übersetzten Bücher zwei neue Tuffi-Illustrationen von Ariane Rudolph – mit Schwebebahn und Engels-Haus!

Zur Detailansicht und für Onlinebestellungen der chinesischen und englischen Tuffi-Ausgaben: Shop der Edition Köndgen (innerhalb Deutschlands versandkostenfrei)

 

Tuffi in chinesischer Sprache – neu erzählt für den asiatischen Kulturkreis

飞 一只
大象的神奇故事

Namen haben in China einen Stellenwert, der weit über den eigentlichen Wortlaut hinausgeht. Xiongyin Shao wollte bei ihrer Namensschöpfung Klang und Bedeutung von Tuffi zu einem harmonischen Ganzen verbinden. Auch bei der Übersetzung der Verse ging es ihr um mehr als eine einfache Nacherzählung. Ihr Ziel war es, die Geschichte für den chinesischen Kulturkreis nachvollziehbar zu interpretieren. Entstanden ist am Ende ein eigenständiges Werk – angefangen vom chinesischen Namen für Tuffi „Der Elefant, der zu fliegen versuchte“, bis zur poetischen Fassung des Textes. Sehr wichtig war es Xiongyin Shao, in einer für Kinder verständlichen, klaren Sprache zu schreiben und den „schönen Geist der Geschichte“ zu bewahren. Chinesische Touristen, die auf den Spuren Friedrich Engels Wuppertal und Barmen erkunden, können ihren Kindern ab Dezember 2012 ein „elefantastisches“ Souvenir aus der fernen Schwebebahnstadt mitbringen.

Xiongyin Shao wurde am 17.03.1969 in Hunan V.R.China geboren und besuchte nach der Schulausbildung die Universität in Changsha, der Hauptstadt Hunans. Bereits als Schülerin übernahm sie Aufgaben in der Redaktion des Schulmagazins.

1989 reiste sie im Rahmen eines Austauschprogramms nach Deutschland, wo sie zunächst die deutsche Sprache erlernte und anschließend in Münster und Köln Dolmetschen und Übersetzen studierte. 1995 absolvierte sie ein Zweitstudium in England. Als Studentin schrieb sie Reiseberichte für „Da Gong Bao“ eine renommierte Zeitung in Hongkong.

Nach dem Studium war sie einige Jahre lang im Vertrieb bei einer taiwanesischen IT-Firma beschäftigt, bevor sie die Projektleitung für Siemens Mobile Phone Deutschland und Shanghai übernahm. 2006 kam ihr Sohn zur Welt. Seit 2008 lebte sie mit ihrer Familie in Wuppertal. Ihre liebsten Hobbys waren – neben dem Schreiben – Yoga und Singen. 2012 starb sie nach schwerer Krankheit.

Tuffi in englischer Sprache – mit viel Gefühl und  „very british“

„We in Wuppertal all know her story. She will live on in all her glory.”

Catherine Lauer-Walker beweist mit ihrer Übersetzung, wie perfekt sich typisch britischer Humor mit der elefantastischen Geschichte des schwebenden Elefantenmädchens kombinieren lässt. Ihr gelang das Kunststück, die Versform beizubehalten und ein englischsprachiges Poem zu schaffen. Die Originalfassung diente ihr als Inspirationsquelle für köstliche eigene Wortschöpfungen wie „flappy ears“ oder „sweetie-pie“. Die gebürtige Schottin nahm sich mit viel Vergnügen des Stoffs um Wuppertals berühmtesten Elefanten an und brachte eigene Ideen ein. So erwartet die Leser oder Vorleser keine simple Übersetzung von der Stange, sondern eine einfallsreiche Maßanfertigung, die bis ins kleinste liebevolle Detail auf das unternehmungslustige Rüsseltier zugeschnitten ist.

Catherine Lauer-Walker wurde am 15.10.1948 in Airdrie in Schottland geboren. Schon im Gymnasium zeichnete sich ihre Liebe zur Sprache ab und sie schrieb unter anderem Gedichte für das Schulmagazin.

Nach dem Schulabschluss kam sie 1968 nach Deutschland, wo sie zunächst in einem Seniorenheim in Düsseldorf arbeitete und die deutsche Sprache erlernte. Es folgten eine Ausbildung zur Auslandskorrespondentin und ein Anglistik- und Übersetzerstudium mit dem Schwerpunkt Literatur, das sie 1978 erfolgreich abschloss. Studienbegleitend war sie als Lehrerin bei der VHS Wuppertal tätig.

Nach dem Studium eröffnete sie ihre „Private English School“ für Erwachsene, die ihre Englischkenntnisse auffrischen oder vertiefen möchten. Firmen bietet sie darüber hinaus auch fachspezifische Unterrichtsthemen vor Ort an. Ob das Üben entspannter „English Conversation“, anspruchsvolle „Business Discussion“ in kleinen Gruppen oder allein oder mehr Sicherheit bei Zweifelsfällen der englischen Grammatik – Lernen bei und mit Catherine Lauer-Walker ist alles andere als staubtrocken. Mit ihrer selbst herausgegebenen Audio-CD „Tailor-made for you!“ macht sogar das Pauken der meist ungeliebten englischen Zeitformen Spaß.

In ihrer Freizeit schreibt Catherine Lauer-Walker Gedichte und Geschichten, malt, zeichnet und fotografiert gern. Sie liebt Katzen, Schottland, ihre Sprache und vor allem den Umgang mit Menschen.

Bilderbücher Schmökerecke | Lieblingsklassiker für kleine Kinder

In unserem Bücherschrank befinden sich auch jede Menge hässlich-kitschige Pappbilderbücher aus der Grabbelkiste – aber davon hat es noch kein einziges in die Favoritenliste geschafft. In Sachen Bücher hat mein Jüngster einen ausgezeichneten Geschmack.

Alle Titel, die ich hier zeige, hat er selbst zu seinen Lieblingsbüchern auserkoren. Sie haben sich gegen weitaus buntere, grellere, auf den ersten Blick kind- und altersgerechtere Konkurrenz im Regal durchgesetzt. Möglicherweise merkt der Kleine, dass ich beim Vorlesen mit größerem Enthusiasmus dabei bin, während so ein schäbiges Bilderbuch, das mir weniger gefällt, eher lieblos abgehandelt wird. Mag also sein, dass meine Vorlieben sich einfach nur spiegeln.

  1. Emil kocht für Teddy

Emil_kochtHier eines der wenigen heißgeliebten Bücher neueren Erscheinungsdatums, aber leider schon vergriffen: Es ist aus stabiler Pappe und fasziniert David seit seinem ersten Geburtstag. Und es ist auch wirklich ab einem Jahr geeignet. Babys und Kleinkinder lieben Fotobücher, und dieses ist reizend fotografiert. Klein-Emil kocht, Zwiebeln und Kartoffeln, die in einem großen Topf kräftig durchgerührt und dann am gedeckten Tisch angerichtet werden. Sein Teddy schaut zu, wird gefüttert und hilft zum Schluss beim Aufräumen mit. Ganz wenig Text begleitet die Fotos, für die Kleinsten kann man den auch zunächst weglassen und einfach nur die Bilder anschauen.

2. Ich bin die kleine Katze

kleine_katzeHier kommt ein Klassiker, “Ich bin die kleine Katze” von Helmut Spanner aus dem Ravensburger Verlag. Es gibt mittlerweile eine ganze Reihe dieser “Ich bin…” Bücher, aber die kleine Katze ist einfach das schönste. Empfohlen wird es ab 2 Jahren, aber es ist auch für jüngere Kinder geeignet. Der Tagesablauf der kleinen Katze vom morgendlichen Aufstehen bis zum abendlichen Mondangucken wird in großen, klaren, altmodisch ruhig gezeichneten Bildern erzählt, zum genauen Anschauen und Verweilen.

 

 

3. Die drei Räuber

Ungerer_Die_drei_RäuberSpontan könnte man denken, dass so ein düsteres Bilderbuch mit grimmigen schwarzbemantelten und -behüteten Räubern bei Kleinkindern nicht so gut ankommt, vielleicht sogar Angst macht. Ich habe unbedingt eine alte Ausgabe davon haben wollen, denn die, welche ich mal besaß, ist leider unauffindbar. Sollte eigentlich für später sein, auf Vorrat sozusagen, besser jetzt schon kaufen, solange es noch bezahlbare alte Diogenes-Exemplare gibt. Die Illustrationen von Tomi Ungerer sind ganz anders als die üblichen gefälligen Bildchen, die man jungen Betrachtern zutraut. Dabei sind gerade kleine Kinder noch ganz offen für alles, und es muss auch gar nicht immer hell und freundlich sein. Jedenfalls nahm David dies Buch sofort in seine Lieblingsliste auf, keine Chance, es unauffällig “für später” wegzuräumen. Den Text lese ich gekürzt vor, erkläre immer noch zusätzlich, was zu sehen ist, z.B. dass die Pferde “Hatschi” machen, wenn der Räuber mit der Pfefferpistole schießt. Das findet er immer sehr komisch. Und die Eule auf dem kahlen Baum, und der Mond, die Hüte… er mag dieses Buch, auch wenn natürlich der komplette Inhalt einem Anderthalbjährigen noch nicht begreiflich ist.

4. Wo die wilden Kerle wohnen

Die “wilden Kerle” assoziieren heute die meisten Kinder mit den wilden Fußballkerlen. Dabei gab es doch früher viel wildere Kerle, in dem Bilderbuchklassiker von Maurice Sendak, auch im Diogenes Verlag erschienen. Die Illustrationen sind hier genausowenig “gefällig” … und überhaupt, sind so gruselige Monster denn überhaupt geeignet für kleine Kinder?
Ja, sind sie, davon hat mich David überzeugt. Das Buch ist mir bei meinen beiden Großen irgendwie “dadurchgegangen”, wir haben es nicht besessen, obwohl ich es natürlich kannte. Dass ich es jetzt für den Junior gekauft habe, ist einer Zeitschrift zu verdanken, in der ein Bild daraus zu sehen war. Der Kleine entdeckte es zufällig und konnte sich gar nicht sattsehen an den Kerlen, immer wieder musste ich ihm die Zeitschrift hervorholen, damit er sich die Kerle anschauen konnte. Deshalb habe ich dann das Buch erworben, auch eigentlich “für später” – aber er liebt es so sehr, es ist sein ausgesprochenes und absolutes Lieblingsbuch! Der Text wird mit der nötigen Untermalung (viel Gebrüll, Zähne fletschen, Krallen zeigen und drei Seiten lang ganz viel Krach machen) komplett gelesen, und am Ende freut er sich immer auf die Stelle, wenn Max nach seiner langen Reise wieder in seinem Zimmer ankommt, wo das Essen auf ihn wartet… und es ist noch warm. Dann sagt mein Söhnchen voller Inbrunst “Hamham” und “nomaaa”, was nochmal heißen soll, nochmal vorlesen.

5. Die kleine Raupe Nimmersatt

Dieses Buch darf wirklich in keinem Kinderzimmer fehlen, und man muss damit auch nicht zählen lernen oder sonst was pädagogisch Wertvolles damit erreichen wollen, sondern sich einfach an der kleinen gefräßigen Raupe erfreuen, mit ihr Bauchweh haben und sich wundern, dass am Ende so ein prächtiger Schmetterling erscheint. Wir haben uns für die große Papp-Variante entschieden, weil man da so schön die kleinen Finger durch die Löcher stecken kann, die die Raupe hinterlässt! Das geht bei der kleinen Ausgabe nicht so gut.

 

6. Das Traumfresserchen

Traumfresserchen_EndeUnd zum Schluss das Relikt aus meinen Jugendjahren, das ich schon meinem kleinen Bruder vorgelesen habe: Das Traumfresserchen.Obwohl dieses Buch von Michael Ende schon uralt ist und dementsprechende Gebrauchsspuren aufweist, fällt es immer noch nicht auseinander. Man könnte es auch nachkaufen, denn es ist in der x-ten Auflage beinahe unverändert erhältlich.Die Geschichte ist eigentlich für viel ältere Zuhörer gedacht – keine Ahnung, was mein jüngster Sprössling jetzt schon von der Handlung versteht, oder ob es nur die Bilder von Anngert Fuchshuber sind, die ihn begeistern. Nein, das kann nicht sein – denn auch das Sprüchlein muss immer wieder aufgesagt werden. Ich glaube, kleine Kinder sind empfänglich für schöne Sprachmelodien, sie sind schon richtige Genießer. Und darum gehört es schon jetzt zu seinen Lieblingsbüchern, wenn ich die meisten Textpassagen auch weglasse oder ganz stark verkürze. Das Sprüchlein aber muss immer richtig vorgelesen werden!